Handreichungen

Nachfolgend stellen wir Ihnen einige hilfreiche Tipps für die Erstellung von Handreichungen zur Verfügung.

Formen der Gewalt
Um was geht es eigentlich?

Diskussionen über Gewalt an Schulen, Kindergärten, Horten sind nicht selten emotional aufgeladen. Für eine ruhige und fundierte Diskussion ist deshalb eine Sichtung der wichtigsten Erkenntnisse auf diesem Gebiet von Bedeutung. Was wird unter Gewalt verstanden? Was nun folgt ist keine angenehm zu lesende Aufzählung. Sie ist dennoch hilfreich, um den Begriff „Gewalt“ zu erläutern und ein differenziertes Bild zu geben.

Formen von Gewalt

Körperliche Gewalt
Ohrfeigen, Schläge, Tritte, Stöße, Würgen, Fesseln, Beißen, Angriffe mit Waffen aller Art und/oder mit Gegenständen.

Psychische Gewalt
Drohungen, Beleidigungen, Demütigungen, Anschreien, Erpressen, Schuldzuweisungen, Lächerlich machen und Erniedrigen in der Öffentlichkeit. Moralisierende Bewertung, Ironie, Sarkasmus, Verlassen der professionellen Ebene, Infantilisierung.

Soziale Gewalt
Verbot bzw. Kontrolle von Kontakten zu anderen, Kontrollanrufe, Überprüfung des Handys, der E-Mails und anderer sozialer Netzwerke.

Rituelle Gewalt
Hierbei handelt es sich um eine nicht so bekannte Gewaltform, die unter anderem in Sekten, Kulten oder organisierten Verbindungen stattfindet. Zu nennen sind hierbei beispielsweise Satanismus, Teufelsaustreibung aber auch die Kinderpornografie.

Strukturelle Gewalt
Missachtung der Privatsphäre, willkürliche Regelungen, Verletzung des Datenschutzes.

Materielle Gewalt
Diebstahl, Enteignung, Unterschlagung, absichtliche Zerstörung von fremdem Eigentum.

Sexualisierte Gewalt
Beginnt bereits bei frauen/männerfeindlicher Sprache, anzüglichen Blicken oder verbalen Belästigungen und geht über zu ungewollten sexuellen Berührungen bis hin zum erzwungenen Geschlechtsverkehr. Auch Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung zählen als Formen der sexualisierten Gewalt.

Gewalt aufgrund von Religionszugehörigkeit
Religion als Antriebskraft und Legitimationsstrategie wird benutzt, um mit politischen, ethnischen, ökonomischen, kulturellen, genderspezifischen und sprachlichen Interessen von vielen, oft befeindeten Gruppen, Parteien, Schichten, Klassen, Kasten, Mehr- und Minderheiten Gewalt einzusetzen.

Gewalt und Rassismus
Rassismus und rassistische Gewalt haben ihre Ursachen in gesellschaftlichen Bedingungen, wie historischen Einflüssen, politischen Entscheidungen und Mediendarstellungen, sie werden gefördert oder abgeschwächt durch soziale Netzwerke und gehen mit Persönlichkeitsunterschieden einher.

Stalking / Cyber-Stalking
Stalking bedeutet das beharrliche Nachstellen einer Person durch ständige Telefonanrufe, Zusenden von Briefen, E-Mails und SMS-Nachrichten oder Geschenken und/oder das andauernde Beobachten und Verfolgen der Betroffenen. Als Cyberstalking werden alle Stalking-Tätigkeiten bezeichnet, die mit Hilfe von technischen Kommunikationsmitteln wie z. B. über das Handy, das Internet, per E-Mail usw. durchgeführt werden.

Mobbing / Cyber-Bullying
Das wiederholte und regelmäßige, vorwiegend seelische Schikanieren, Quälen und Verletzen eines einzelnen Menschen durch eine beliebige Art von Gruppe oder Einzelperson. Verschicken bzw. Bereitstellen von verfälschten, peinlichen oder offenherzigen Bildern, Videos oder Informationen übers Handy oder Internet.

Grenzüberschreitung
Die Grenzüberschreitung kann unbeabsichtigt oder geplant passieren und ist daher besonders schwer zu erkennen. Die Betroffenen haben ein unterschiedliches Empfinden „Was geht“ und „was nicht geht“.

Schutzkonzept

Ein Schutzkonzept hilft Schulen, Kindergärten und Horten, zu Erfahrungsräumen und Orten zu werden, an denen Kinder und Jugendliche wirksam vor jeglicher Form von Gewalt geschützt sind. Das Schutzkonzept bietet das Dach für die Anti-Gewalt-Arbeit für und mit Kindern und Jugendlichen.

Ein schulisches Schutzkonzept soll nicht nur Gewalt und Missbrauch in der Schule verhindern, sondern insbesondere dafür sorgen, dass Schülerinnen und Schüler, die andernorts Gewalt oder sexuellen Missbrauch oder Übergriffe erleiden, hier ein kompetentes, verstehendes und helfendes Gegenüber finden.

Die Bausteine eines Schutzkonzepts

Leitbild
Die Verantwortung einer Einrichtung für den Schutz vor Gewalt sollte im Leitbild der Schule verankert werden. Dabei sollte betont werden, dass es um den Schutz aller Mädchen und Jungen geht, unabhängig von sozialer oder kultureller Herkunft oder Behinderung.

Interventionsplan
Ein schriftlich fixiertes Verfahren zum Vorgehen in Kinderschutzfällen und insbesondere beim Verdacht auf sexuelle Gewalt (auch innerhalb der Einrichtung), ist unerlässliches Element eines Schutzkonzepts. Der Notfallplan enthält auch ein Rehabilitationsverfahren für den Fall eines ausgeräumten Verdachts gegen Mitarbeitende sowie die Verpflichtung zur Aufarbeitung von Fällen sexueller Gewalt.

Kooperation mit Fachleuten
Im Verdachtsfall sind Fachleute, wie sie in spezialisierten Beratungsstellen gegen sexuelle Gewalt, zu finden sind, bei der Einschätzung und Entscheidungsfindung zum Vorgehen einzubeziehen. So können Fehlentscheidungen und ein Vorgehen, das den Ruf der Einrichtung über das Kindeswohl stellt, verhindert werden. Damit die Kooperation im Beratungsfall reibungslos funktioniert, sollte der Kontakt unabhängig von einem konkreten Anlass gesucht und gepflegt werden.

Mitarbeiter*innen-Verantwortung
Wirksamer Kinderschutz beginnt mit der geschulten Personal-Verantwortung. Ein aktiver Austausch zum Thema Gewaltprävention und die Verpflichtung, ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen, bilden eine wichtige Grundlage für die Zusammenarbeit. In Konferenzen und Mitarbeiter*innengesprächen sollten die Verantwortlichen Raum für Austausch, Fragen und Anregungen geben.

Fortbildungen
Das realistische Ziel von Fortbildungen ist es, Beschäftigte in ihrer Rolle als Schützende zu stärken und für problematische Verhaltensweisen zu sensibilisieren. Gelungene Fortbildungen steigern die Motivation der Beschäftigten, die Entwicklung eines Schutzkonzepts mitzutragen.

Verhaltenskodex / Code of Conduct
Ein Verhaltenskodex dient Mitarbeitenden als Orientierungsrahmen für den grenzachtenden Umgang mit Mädchen und Jungen bzw. Jugendlichen und formuliert Regelungen für Situationen, die für Gewalt leicht ausgenutzt werden können. Die Regeln und Verbote zielen auf den Schutz vor sexuellem Missbrauch und schützen zugleich die Mitarbeiter*innen vor falschem Verdacht. Der Verhaltenskodex sollte nicht von der Leitung vorgegeben oder von anderen Einrichtungen unverändert übernommen werden, sondern unter Beteiligung der Mitarbeitenden und ggf. weiteren Vertreter*innen der Gemeinschaft entwickelt werden.

Partizipation
Partizipation von Mädchen und Jungen bzw. Jugendlichen ist ein zentraler Bestandteil des Schutzkonzepts. Kinder und Jugendliche sollen an Entscheidungen beteiligt werden, die sie betreffen. Das stärkt ihre Position und verringert das Machtgefälle zu den Erwachsenen. Gibt es auch für Mütter und Väter ausreichende Mitbestimmungsstrukturen, kann dies ihr Interesse an der Einrichtung und ihren Aktivitäten fördern und zu ihrer Bereitschaft, ein Schutzkonzept zu unterstützen, beitragen.

Präventionsangebote
Das Recht auf Achtung der persönlichen Grenzen und auf Hilfe in Notlagen sollte im Alltag der Einrichtung thematisiert und von Kindern und Jugendlichen tatsächlich erlebt werden. Weil die Verantwortung für den Schutz vor Übergriffen bei den Erwachsenen liegt, benötigen Mütter und Väter auch Anregungen, wie sie selbst im alltäglichen Umgang mit ihren Kindern zu deren Schutz beitragen können.

Ansprechstellen
Die Einrichtung sollte über funktionierende Beschwerdeverfahren verfügen und Ansprechpersonen benennen, an die sich Kinder, Jugendliche, Fachkräfte und Eltern (auch) im Fall eines Verdachts auf sexuelle Gewalt innerhalb und außerhalb der Einrichtung wenden können.

Code of Conduct – der Verhaltenskodex

Ein verbindlicher, fachlich reflektierter und transparenter Umgang mit Nähe und Distanz gegenüber Kollegen und Kolleginnen, Eltern, Kindern und Jugendlichen ist die Grundlage für ein friedliches Umfeld und den respektvollen Umgang aller Beteiligten.

Der Code of Conduct ist ein wichtiger Baustein im Schutzkonzept einer Einrichtung und hilft Schulen, Kindergärten, Horten einen Verhaltenskodex zu verabreden, an den sich alle halten und auf den ich mich im Zweifelsfalle berufen kann. „Halt, das darfst Du nicht, das haben wir so nicht vereinbart!“ kann es dann heißen.

Ein Verhaltenskodex dient Mitarbeitenden als Orientierungsrahmen für den grenzachtenden Umgang mit Mädchen und Jungen bzw. Jugendlichen und formuliert Regelungen für Situationen, die für Gewalt leicht ausgenutzt werden können. Die Regeln und Verbote zielen auf den Schutz vor sexuellem Missbrauch und schützen zugleich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor falschem Verdacht.

Folgendes können die Verhaltensregeln beinhalten:
  • Bei uns gibt es Schiedsrichter:innen bei Raufereien auf dem Schulhof.
  • Bei uns dürfen die Klassenzimmertüren offenstehen, wir müssen dann halt leise sein.
  • Bei uns …

oder

  • Wir haben verabredet, dass …
  • Wir haben gemeinsam … entwickelt …
  • Wenn ein Kind etwas nicht möchte, lasse ich es in Ruhe

oder

  • Ich weiß, wohin ich mich wenden kann
  • Ich darf fragen, wenn ich Zweifel habe
  • Ich verhalte mich fair und rücksichtsvoll